Glückstadt

Wissenswertes

Die an der Unterelbe gelegene Kleinstadt Glückstadt ist die zweitgrößte Stadt im Kreis Steinburg, zu dem sie seit 1867 gehört. Überregional ist sie insbesondere bekannt durch die traditionsreiche Herstellung von Matjes sowie durch die Elbfähre, die seit 1919 von Glückstadt ins niedersächsische Wischhafen verkehrt.

Gegründet wurde die Stadt von Christian IV. von Dänemark im Jahr 1617, um ein dänisches Gegengewicht zum immer größer werdenden Hamburg zu schaffen. Der französische Festungsbaumeister Pieter de Perceval, welcher im Dienst Hollands stand, war für den Entwurf der Stadt, die eine unbesiegbare Hafen- und Festungsstadt werden sollte, zuständig. Sinnbildlich für dieses Vorhaben stand sowohl der Name der Stadt als auch die Fortuna im Wappen. Der Ausbau der Festung wurde 1619 intensiv vorwärtsgetrieben, was sich im Dreißigjährigen Krieg bewähren konnte. Denn in Schleswig-Holstein blieb Glückstadt während des Krieges die einzige Festung, welche „nicht durch Belagerung bezwungen werden konnte“. #1

Die ersten Einwohner Glückstadts stammten aus der näheren Umgebung. Sephardische Juden, die aus Portugal vertrieben wurden, bekamen 1619 das Privileg, sich in der Stadt anzusiedeln. Sie taten das ab 1620 gemeinsamen mit den Reformierten, welche aus den Niederlanden aufgrund des spanisch-niederländischen Krieges flohen. Beide Gruppen stellten in den Gründungsjahren der Stadt bis Anfang der 1640er Jahre bedeutende Impulsgeber für deren Wirtschaft dar. Darüber hinaus siedelten sich in Glückstadt Katholiken, niederländische Mennoniten und Remonstranten an. Von 1644-1648 verließen die meisten Exilanten die Stadt, welche fast nur noch reine Residenz-, Festungs- und Verwaltungsstadt war. Salz-, Zucker- und Seifensiedereien, eine Münze, der Walfang und eine Ölmühle waren wirtschaftlich von Bedeutung.

Im Jahr 1649 gab es einen Standortwechsel der Regierungskanzlei für die königlichen Landesteile von Holstein und Schleswig. Diese war nun nicht mehr in Flensburg, sondern in Glückstadt untergebracht, woraufhin Glückstadt zum Verwaltungszentrum wurde. 1834 wurden Verwaltung und Justiz getrennt. Danach blieb Glückstadt Sitz des holsteinischen Obergerichts, welches bis 1867 existierte. Ab diesem Jahr gab es dann nur noch ein Amtsgericht, das bis 1982 bestand.

1845 erfolgte der Anschluss an die Stammstrecke der Marschbahn. Die Stadt erlangte bereits im 18. Jahrhundert ihren wirtschaftlichen Höhepunkt und es wurde ersichtlich, dass sie mit Altona und Hamburg nicht mithalten konnte. „Insgesamt war die Entwicklung Glückstadts deutlicher von Militär und Regierung geprägt als von Gewerbe und Handel“. #2 Unter den dennoch vorhandenen bedeutenden Glückstädter Gewerbebetrieben besonders hervorzuheben ist die Druckerei Augustin, welche mit dem Drucken von ägyptischen Hieroglyphen, chinesischen Schriftzeichen und etlichen anderen fremden Schriften ein Alleinstellungsmerkmal hatte und auch über die deutschen Grenzen hinaus bekannt war.

Durch die Wiedereinführung der Wehrpflicht 1935 sowie das voraussehbare  Wachstum der Wehrmacht wurde Glückstadt zur Garnison der Kriegsmarine. Die 1936 fertiggestellte Marinekaserne wurde bis 2004 militärisch genutzt.

Da sich zum Ende des zweiten Weltkrieges die Einwohnerzahlen vor allem durch Flüchtende aus Ostpreußen verdoppelte, wurden nach Ende des Krieges etliche neue Wohnsiedlungen errichtet. In den 1970er Jahren wurde ein weiterer Stadtteil geschaffen, indem ein Gebiet des Elbvorlandes eingedeicht wurde. Auch danach entstanden noch weitere Stadtteile.

Der Marktplatz mit der Kirche und dem Rathaus sind der Mittelpunkt der Stadt. Der historische, beinahe sechseckige „Grundriss ist bis heute erhalten und stellt damit ein in Schleswig-Holstein seltenes Beispiel einer Stadt ‚vom Reißbrett‘ dar. #3 In der vom Marktplatz abgehenden Großen Nübelstraße hilft die Glückstadt Touristinfo Besucher*Innen weiter. Ebenfalls nicht weit vom Marktplatz entfernt befindet sich in einem Palais aus der Anfangsphase der Stadt das Detlefsen-Museum, das anhand einer reichen Auswahl von Objekten über die Geschichte der Stadt informiert. Der Gegenwartskunst ist das Palais für aktuelle Kunst am Hafen gewidmet.

Der Schriftsteller Hansjörg Martin, beheimatet im ebenfalls an der Unterelbe liegenden Wedel, berichtet in einem Essay von einem "eigenartig glücklichen Tag" anlässlich eines Besuchs in Glückstadt. Besonders hat es ihm die Stadtkirche angetan, in der er auch Verbindungen zu seiner Heimatstadt herstellen kann:

Neben mir auf der Bank lag ein Gesangbuch. Ein leinenes Lesezeichen steckte beim Choral 626:

"O Ewigkeit, du Donnerwort, o Schwert, das durch die Seele bohrt, o Anfang sonder Ende ..."

Den Text hat der Dichter Johann Rist gedichtet, der nicht weit von Glückstadt, im Rolandstädtchen Wedel, vor dreihundert Jahren Pastor und ein ungewöhnlicher Mann war. Aus Rists fruchtbarer Feder stammt auch der Vers:

"Gott gönne dir dein Glück, du Stadt des Glückes, du, der Städte Meisterstück!" - den er damals zum Lobe Glückstadts geschrieben hat. Merkwürdig, daß ich jetzt und hier ausgerechnet auf einen Ristchoral stoßen mußte!

Hansjörg Martin: Ein eigenartig glücklicher Tag. Erzählung in, um und über Glückstadt. In: Queerbeet durch Tag und Traum. Texte aus fast fünfzig Jahren. Husum: Edition Euterpe 1990, S. 5-16, hier S. 13.

Literarisches

Nach Rists Lob von Glückstadt in seinem Kriegs- und Friedensspiegel von 1640 (im Rahmen einer eher katalogartigen Aufzählung schleswig-holsteinischer Städte) dauert es eine Weile, bis der Ort im engeren Sinne zu einem literarischen Schauplatz wird. Der niederdeutsche Schriftsteller Fritz Lau lebte seit 1898 bis zu seinem Tod in Glückstadt, das ihm als Inspiration für sein Schreiben diente:

Für seine Erzählungen, Verse und Schwänke inspirierten ihn die täglichen Spaziergänge vom Binnen- und Außenhafen bis zur Mole oder entlang der Stör und der weiteren Umgebung. Sie sorgten für engen Kontakt – Gespräche – zu Land und Leuten an der Elbmarsch, den Störfischern und Fahrensleuten, Bauern und Kätnern. Er hatte ein Herz für das Leben abseits der großen Welt. Er schaute dem Volk ‚aufs Maul‘. Kleine Begebenheiten aus dem Alltag, die Stimmungen und Gedanken seiner Landsleute hat er schriftlich festgehalten.

Magdalene Iwersen: Fritz Lau – Postbeamter und Heimatdichter. In: Post- und Fernmeldegeschichten zwischen Nord- und Ostsee, Heft 1/1987, S. 177–187; hier: S. 184.

Lau ist 1955 anlässlich seines 60. Hochzeittages Ehrenbürger von Glückstadt geworden. Nach ihm benannt ist der „Fritz-Lau-Platz“ in der Stadt. Des Weiteren wurde im Detlefsen-Museum sein Arbeitszimmer detailgetreu nachgebaut.

Der Autor und Theologe Hieronymus Dürer sowie die Brüder Peter Ludwig Christian und Theodor von Kobbe, die beide Schriftsteller und Juristen waren, wurden in Glückstadt geboren. Jürgen Friedrich Horn arbeitet einige Jahre als Rektor und Johann Alardus als Konrektor in Glückstadt. Auch der Autor Karl Heinrich Christian Keck fand in Glückstadt Arbeit; er erhielt eine Stelle als Gymnasiallehrer. Christian Jacob von Schneider lebte in Glückstadt und gründete dort eine Buchhandlung. Der Schriftsteller Helferich Peter Sturz war ab 1760 als Privatsekretär von Friedrich von Eyben tätig, welcher für die Leitung der Regierungskanzlei des königlichen Anteils von Holstein in Glückstadt verantwortlich war.

In der Umgebung

Der Schriftsteller, Essayist und Kritiker Helmut Heißenbüttel lebte von 1981 bis zu seinem Tod im Jahr 1996 in Borsfleth, etwa sechs Kilometer nördlich von Glückstadt. Ebenfalls im Norden liegt in etwa 20 km Entfernung die Stadt Itzehoe, die viele Jahre lang der Wirkungsort von Johann Hinrich Fehrs war. 18 km östlich von Glückstadt befindet sich Elmshorn, literarisch verbunden mit Timm Kröger und Wolfgang Sieg.

1.12.2021 Sara Franzese/Redaktion