Fritz Lau

Lau, Fritz.

Plattdeutscher Chronist der „Kleinen Leute“

Geboren in Möltenort am 10. August 1872
Gestorben in Glückstadt am 5. Juli 1966

Mal dröp ik an ‘e Ostsee ‘n olen Fischer an ‘n Strand, de weer bi un flick sin Aalkörf. Wi snacken öwer ‘n Fang, öwer de christliche Seefahrt un öwer de slechten Tieden. […] As ik em dar en hen harr, wo ik em hen hebbn woll, do frög ik em ok, woneer he tom letztenmal baad harr. […] „Tom letztenmal baad“, sä he, „dat kann ik di up ‘n Dag seggn: dat weer den 21. Juni 1871 in ‘e Mittlandssee, un do full ik ok noch öwer Bord, sonst weer dar garnicks na kamen!“ He konn ni schwümm, sä he, un weer dar bald bi versapen.

Fitz Lau: Schall de Minsch baden? In: Die besten Geschichten von Fritz Lau, hg. v. Erich Könnecke, Hamburg 1981, S. 114–116; hier: S. 115.

„Wat mi so öwern Weg leep“ soll sein schriftstellerisches Motto gewesen sein: Fritz Lau, der 1872 in Möltenort geboren wurde und sein Leben lang dem Plattdeutschen treu geblieben ist. Von 1910 bis 1962 hat er zahlreiche Gedichte und Erzählungen veröffentlicht; dazu kommen noch zwei Romane. Zu Lebzeiten gehörte er zu den beliebtesten Heimatdichtern, später geriet er allerdings in Vergessenheit.

Lau wurde in eine Familie von Kapitänen und Handwerkern hineingeboren; sein Vater war Fischer. Für ihn kam eine solche Berufswahl jedoch nicht in Frage: „Er bewarb sich mit 17 Jahren bei der damaligen ‚Reichspost‘ und wurde Beamter.“ #1 Nach einer Reihe von Versetzungen – bis hin nach Düsseldorf, wo er sich nicht wohl fühlte – konnte sich Lau 1898 in Glückstadt ansiedeln: „Der Elbstrom, der Hafen, der bis in die Innenstadt reicht, die geometrisch angelegten Straßen mit ihren idyllischen Häusern, die fruchtbare Kremper Marsch“ #2 – all dies sollte sich für den Dichter als ausgesprochen inspirierend erweisen. 1923 ließ Lau sich pensionieren, um ausschließlich als freier Schriftsteller arbeiten zu können. Als seine Hauptwerke gelten die beiden Bauernromane Elsbe. En Stück Minschenleben (1918) und Drees Dreesen (1924), die „Konflikte junger Menschen mit einer habgierigen, vorurteilsbehafteten älteren Generation darstellen“. #3

Bekannt geworden ist Lau allerdings in erster Linie durch seine Gedichte und Kurzgeschichten, in denen er persönliche Erlebnisse pointiert und amüsant umsetzt.

Für seine Erzählungen, Verse und Schwänke inspirierten ihn die täglichen Spaziergänge vom Binnen- und Außenhafen bis zur Mole oder entlang der Stör und der weiteren Umgebung. Sie sorgten für engen Kontakt – Gespräche – zu Land und Leuten an der Elbmarsch, den Störfischern und Fahrensleuten, Bauern und Kätnern. Er hatte ein Herz für das Leben abseits der großen Welt. Er schaute dem Volk ‚aufs Maul‘. Kleine Begebenheiten  aus dem Alltag, die Stimmungen und Gedanken seiner Landsleute hat er schriftlich festgehalten.

Magdalene Iwersen: Fritz Lau – Postbeamter und Heimatdichter. In: Post- und Fernmeldegeschichten zwischen Nord- und Ostsee, Heft 1/1987, S. 177–187; hier: S. 184.

Den Großteil seines Werks hat Lau bis 1933 veröffentlicht und während der Zeit des Nationalsozialismus nur ein Buch publiziert. Doch die 1937 erfolgte Einladung in den „Eutiner Dichterkreis“ dürfte alles andere als zufällig gewesen sein: „Lau war auch zumindest seiner ‚Durchhalte-Texte‘ von 1915, Helden to Hus, einer der bekanntesten Mundartschriftsteller Norddeutschlands, der zum Nationalismus und Rassismus (bei ihm gegen die slawischen Völker), zur Kaiserbegeisterung und Kriegsverherrlichung neigte." #4 Zumindest in seinem Gedicht Twee Wörter (1943) hat er Adolf Hitler verherrlicht. #5

Im Gedächtnis ist er allerdings bis heute als der gut gelaunte Chronist der „Kleinen Leute“ geblieben, wie etwa in seiner Jugenderinnerung Bi uns to Huus, in der Klaus Groth einen Gastauftritt hat:

Bi uns to Huus wör keen Wort Hoochdütsch snackt. Full dar doch mal’n hoochdütsch Wort, denn sä dar forts een: „Brick di de Tung man ni af!“ Wat mien Moder weer, de konn garni hoochdütsch, un dat weer ehr ganz eendoon, wat se Prinz Heineri vör sik harr oder’n Professor oder’n Admiral, se snackt plattdütsch. Un ehr Plattdütsch, dat harr sik kämmt un wuschen. Sülben wüss se dat garni. Klas Groth, de hett dat avers weten, he keek af un an mal bi uns in. Mennig Stünn hett he bi mien Moder an’n Füerherd säten un hett sik watt von ehr vertelln laten. He schall mal to mien Moder seggt hebbn, ehr Plattdütsch, dar weer garkeen Schiet mank! Ik weer in de Jahren noch’n lütten Jung. Klas Groth, wat wüss ‘mien Kinnerhart von Klas Groth … In ‘e School war uns ok nix von Klas Groth vertellt.

Fitz Lau: Bi uns to Huus. In: Die besten Geschichten von Fritz Lau, hg. v. Erich Könnecke, Hamburg 1981, S. 11–15; hier: S. 12.

1955 ist Lau Ehrenbürger von Glückstadt geworden, wo der „Fritz-Lau-Platz“ nach ihm benannt ist; im Detlefsen-Museum im Brockdorff-Palais wurde zudem sein Arbeitszimmer detailgetreu nachgebaut. In Schleswig-Holstein tragen mehrere Straßen und Wege seinen Namen, darunter auch in Kiel.

28.4.2021Kai U. Jürgens

ANMERKUNGEN

1 Erich Könnecke: Fritz Lau – sein Leben und Werk. In: Die besten Geschichten von Fritz Lau, hg. v. Erich Könnecke, Hamburg 1981, S. 5–10; hier: S. 6.

2 Ebd., S. 7.

3 Lau, Fritz. In: Killy Literaturlexikon. Autoren und Werke des deutschsprachigen Kulturraums, Band 7. Berlin 2010, S. 254.

4 Lawrence D. Stokes, Der Eutiner Dichterkreis und der Nationalsozialismus. Neumünster 2001, S. 357.

5 Vgl. ebd., S. 360.