Manfred Schlüter

Schlüter, Manfred

Literatur, Illustration, freie Kunst

Geboren am 16. Januar 1953 in Kellinghusen

Vielseitigkeit ist sein Programm – Manfred Schlüter schreibt Bücher, aber er arbeitet auch als Illustrator und bildender Künstler. In Hillgroven, am nördlichsten Zipfel Dithmarschens, „denkt, schreibt, zeichnet und malt er über, von und für Klein und Groß. Dort werkelt er an Fundstücken, die ihm die Flut vor die Füße schmeißt, oder einer der Nachbarn vorbeibringt.“ #1

Das „unaufhaltsame Verwandeln von Alltäglichkeiten zu universellen kleinen oder großen Kunstwerken“ ist ihm dabei zum Markenzeichen geworden. #2 „Auch Wörter, Silben scheinen für ihn ein Rohstoff zu sein, der sich durch behutsames Feilen zu hintersinnigen, augenzwinkernden Sprach-Objekten verarbeiten lässt. Und dies nie ohne eine gehörige Portion Selbstironie.“ #3

Manfred Schlüter wurde am 16. Januar 1953 in Kellinghusen geboren. Nach der Mittleren Reife machte er von 1968 bis 1971 die Ausbildung zum Tiefdruckretuscheur, um von 1971 bis 1974 Grafikdesign zu studieren. Nach seinem Wehrdienst – den er nachträglich verweigerte – arbeitete er als freier Künstler. #4 Bevor er nach Hillgroven zog, lebte er von 1976 bis 1978 in Brunsbüttel.

Als Schlüter begann, sich mit Buchillustration zu beschäftigen, wurde eines der ersten Resultate – Michael Endes Der Lindwurm und der Schmetterling (1981) – von der Stiftung Buchkunst zu den schönsten Büchern des Jahres gezählt. Schlüter bebilderte nachfolgend weitere Bücher von Ende, aber auch von Achim Bröger, Boy Lornsen, Willi Fährmann und vielen anderen mehr. Seit 1987 ist er mit „Veranstaltungen in Bibliotheken, Buchhandlungen, Schulen und Kindergärten“ #5 präsent, seit 1991 – das Jahr, in dem Das Kuddelmuddelbuddelbuch erschien – veröffentlicht er Bücher mit eigenen Texten. Schlüter:

Ich bin durch den 1995 verstorbenen Boy Lornsen, den Schöpfer von Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt, zu den Büchern gekommen. Zunächst zum Illustrieren und später auch zum Schreiben. Ich hab oft mit ihm zusammengearbeitet, hab von ihm gelernt. Unter anderem, dass man auch einem kurzen Text eine Melodie, einen Rhythmus einhauchen kann.

Bücher mit seinen Bildern und Texten sind „in Dänemark, Norwegen, Schweden, Finnland, in den Niederlanden, in Großbritannien, Frankreich, Japan, China, Taiwan und Südkorea“ veröffentlicht worden. #6 Zuletzt ist von Manfred Schlüter Und draußen ist die Welt. Bilder und Geschichten vom platten Land (2022) erschienen: „In 110 Arbeiten wirft der Künstler und Schriftsteller Manfred Schlüter einen Blick auf seine norddeutsche Heimat." #7

Der Schriftsteller Achim Bröger hat in seiner Laudatio für den Friedrich-Bödecker-Preis, den Schlüter 2008 erhielt, besonders die versteckten pädagogischen Fähigkeiten des Ausgezeichneten hervorgehoben:

Hinter seinem Witz, seiner Poesie, seiner Pfiffigkeit, manchmal seiner Skurrilität taucht oft eine Weisheit auf. Die kommt aber nicht erzieherisch daher, sondern fast nebenbei. Trotzdem ist sie präsent und macht seine Bücher zu ambitionierten Büchern. Kinder und Erwachsene können seinen Bildern und Texten etwas entnehmen, was sie für sich verwenden können. In seinen Arbeiten werden wichtige Grundhaltungen deutlich. Manfred Schlüter ist kein Lehrer, aber lernen kann man viel von ihm.

Schlüter ist für seine Arbeit mehrfach ausgezeichnet worden und hat neben dem bereits erwähnten Friedrich-Bödecker-Preis unter anderem den Friedrich-Hebbel-Preis 1983 und den Kulturpreis des Kreises Dithmarschen 2017 erhalten.  2002 wurde ihm das Cranach-Stipendium (Lutherstadt Wittenberg) zuerkannt. Die Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendliteratur in Volkach hat drei seiner Titel jeweils zum „Buch des Monats“ gekürt (1995, 2003, 2011), und 2022 war sein Buch Guruku Gugukuru auf der Empfehlungsliste für den Josef-Guggenmos-Preis. In der Begründung der Jury heißt es:

Auch wenn Schlüter seine literarischen Vorbilder wie Morgenstern und Ringelnatz nicht verleugnet, so sind seine sprachspielerischen, oft lautmalerischen Texte, deren Provenienz vom klassischen Reim ("Heimatkunde") bis zur konkreten Poesie ("Klagelied einer stotternden Katze") reicht, sehr innovativ. Seine Texte sind von Humor und hintergründigem Witz getragen und warten mit erstaunlichen Pointen auf, sein Ideenreichtum und seine sprachliche Gestaltungskraft scheinen unerschöpflich.

Schlüter ist Mitglied im Künstlerbund Steinburg und im Bundesverband Bildender Künstlerinnen und Künstler. Er ist verheiratet und war in seinem Heimatort Hillgroven von 2013 bis 2018 auch Bürgermeister.

7.8.22 Kai U. Jürgens/Redaktion

Drei Gedichte von Manfred Schlüter

Erinnerung

Wie gut,
dass ich noch ein Bild von ihm habe!
Von meinem Lieblingsbleistift.
Der hatte eine Spitze wie kein anderer,
war 18 cm lang und sah sehr schön aus.
So schön, dass ich beschloss,
ihn zu zeichnen.
Ich begann mit seiner Spitze
und zeichnete langsam weiter.
Der Bleistift auf dem Papier
wurde länger und länger,
der Bleistift in meiner Hand
kürzer und kürzer,
denn immer wieder
musste ich ihn anspitzen.
Bald hielt ich nur noch
einen winzigen Stummel
in den Fingern.
Und als das Bild endlich fertig war,
hatte ich gar nichts mehr in der Hand.
Wie gut,
dass ich noch ein Bild von ihm habe!
Von meinem Lieblingsbleistift.

Später

Ich bin klein.
Bald bin ich groß.
Und in tausend Jahren bin ich tot.
Wo bin ich, wenn ich nicht mehr bin?
Vielleicht flieg ich mit den Wolken
übers Meer. Hin und her.
Vielleicht tanz ich mit dem Wasser
in Flüssen und Seen. Schön!
Vielleicht leb ich im Laub der Bäume.
Im Staub. Im Traum der Träume.
Im Wind. Im Sturm.
Vielleicht bin ich ein Regenwurm.
Vielleicht bin ich ein Gedicht.
Vielleicht auch nicht.
Vielleicht bin ich ganz einfach weg.
Anderswo. Irgendwo.
Nirgendwo?

Klagelied einer stotternden Katze

Mi
Mi
Mi-Mi-Mi
Mimimimimimimimi

Au!

(Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Autors.)

ANMERKUNGEN

1 Judith Arlt: Herzlichen Glückwunsch zum Dithmarscher Kulturpreis! Zit. n. https://www.manfred-schlueter.com/text/dithmarscher-kulturpreis-2017.html.

2 Ebd.

3 Kirsten Hansen: Die Bildwelten des Manfred Schlüter. Eine Ode an die Phantasie. In: LÜÜD – Das Magazin für Szene und Kultur in Dithmarschen, Dezember 2010. Zit. n. https://www.manfred-schlueter.com/text/die-bilderwelten-des-manfred-schlueter.html.

4 Alle Angaben folgen der Vita in: Manfred Schlüter. Zit. n. https://www.manfred-schlueter.com/vita.html.

5 Ebd.

6 Manfred Schlüter. In: Wikipedia. Zit. n. https://de.wikipedia.org/wiki/Manfred_Schl%C3%BCter.

7 Manfred Schlüter: Und draußen ist die Welt. Bilder und Geschichten vom platten Land. Weitra 2022 (Klappentext).