Europäisches Festival des Debütromans
2003 wurde vom Centre Culturel Français de Kiel und vom Literaturhaus Schleswig-Holstein die Kombination aus einer Fachtagung zum europäischen Debütroman im Landeskulturzentrum Salzau und einem öffentlichen Lesefest im Literaturhaus in Kiel ins Leben gerufen. Seit 2008 findet das Festival vollständig im Literaturhaus im Alten Botanischen Garten in Kiel statt. 220 Autor*Innen aus insgesamt 18 Ländern haben bislang die Gelegenheit wahrgenommen, aktuelle, noch nicht in eine andere Sprache übersetzte Debütromane zu präsentieren.
Jedes Jahr kommen die internationalen Autor*Innen und ihre Verlagsbegleiter*Innen für vier Tage nach Kiel, um aus ihren Romanen vorzulesen, sich zu präsentieren und miteinander über ihre Romane, über Literatur, über jährlich wechselnde Themen des Literaturbetriebs ihrer Länder und natürlich auch über sich, ihr Leben und ihre Arbeit zu sprechen.
Den Auftakt des Festivals stellt das Lesefest dar – dort präsentieren die Teilnehmer*Innen Literaturinteressierten ihre Werke. Mit Gesprächen und Lesungen, mit den Texten in Originalsprache und Probeübersetzungen ins Deutsche, Englische und ins Französische, wird das Lesefest regelmäßig zu einem Ort europäischer Begegnungen. Die Romane können im Gespräch mit den Autor*Innen sowie beim Rundgang durch einen Literaturparcours im Alten Botanischen Garten näher kennengelernt werden.
Bei der dreitägigen Fachtagung, die sich an das Lesefest anschließt, tauschen die Autor*Innen und ihre Begleitungen sich nicht allein über die Romane und Verlage aus, sondern sprechen in Workshops und Diskussionen auch über die Besonderheiten des Debütromans als Einstieg ins Schriftstellerdasein und die länderspezifischen Besonderheiten im Literaturbetrieb.
Zum Festival erscheint außerdem ein dreisprachiges Begleitheft, das eine Zusammenfassung der Debütromane, Textauszüge in Probeübersetzungen (deutsch, englisch und französisch) und Informationen zu den Autor*Innen enthält.
Von Norwegen bis Ungarn, von Finnland bis Spanien reichte das Spektrum der Teilnehmer*Innen, die dank des großen Engagements seitens des Landes Schleswig-Holstein, des Bureau du Livre der Französischen Botschaft in Deutschland und von Institutionen der öffentlichen Literaturvermittlung in den jeweiligen Partnerländern eingeladen werden konnten. Mit dieser Spannbreite vom Ostsee- bis zum Mittelmeerraum fand das Europäische Festival des Debütromans ab 2005 auch Aufnahme unter die Ars-Baltica-Projekte.
Das Europäische Festival des Debütromans war für fast alle teilnehmenden Autor*Innen der Start einer literarischen Karriere im Heimatland, für einen Teil von ihnen der Auftakt für den Weg auf den europäischen Buchmarkt. Allein ins Deutsche wurden bislang 39 Titel übersetzt. Hervorzuheben sind hier beispielsweise Radka Denemarková aus Tschechien (Teilnahme 2005 mit A já pořádkdo to tluče), Jonas Lüscher aus der Schweiz (Teinahme 2014 mit Frühling der Barbaren), Gerbrand Bakker aus den Niederlanden (Teilnahme 2007 mit Boven is het stil) oder Kjersti A. Skomsvol aus Norwegen (Teilnahme 2010 mit Jo fortere jeg går, jo mindre er jeg).
Über die Jahre gab es auch etliche Teilnehmer*innen mit Bezug zu Schleswig-Holstein. 2003 nahm Henning Ahrens mit Lauf Jäger lauf am Festival teil, 2008 Larissa Boehning mit Lichte Stoffe, 2010 Jan Christophersen mit Schneetage und 2013 Arezu Weitholz mit Wenn die Nacht am stillsten ist. Juliana Kálnay war 2015 und 2016 als Volontärin an der Organisation des Festivals beteiligt und konnte dann 2017 ihren eigenen Debütroman Eine kurze Chronik des allmählichen Verschwindens vorstellen.
Das 20. Europäische Festival des Debütromans 2022
Nach zwei Coronajahren, einem ganz ohne persönliches Kennenlernen (2020) und einem mit Teilnehmer*Innen teils vor Ort, teils über den Bildschirm (2021), war es pünktlich zum 20. Festival wieder möglich, ein Festival wie vor der Pandemie zu veranstalten. Da ist es auch passend, dass das eröffnende Lesefest dieses Jahr wieder auf den Himmelfahrtsfeiertag fiel, wie es schon in den ersten drei Jahren der Fall war. Dieses Jahr trafen sich dreizehn Autor*Innen aus ebenso vielen europäischen Ländern, die, begleitet von ihren Verlagslektor*Innen oder Verleger*Innen.
Die ukrainische Teilnehemerin Eugenia Kuznetsova stellte ihren Roman am Abend des 28. Mai per Videogespräch in einer eigenen Lesung vor. Moderiert wurde die Lesung von der in Polen lebenden ukrainischen Autorin Żanna Słoniowska, die im Jahr 2015 selber Teilnehmerin am Festival war.
Einen unterhaltsamen internationalen Akzent schließlich setzte zum Jubiläumsfestival am Abend des 27. Mai die „Weltkapelle Wilhelmsburg“ aus Hamburg, ein Orchester von in Deutschland im Exil lebenden Musiker*innen, das den europäischen Blickwinkel auf die Sprachen und Literaturen musikalisch weitet.
Autor*Innen 2022:
Glenn Bech – Farskibet (Dänemark), Annika Domainko – Ungefähre Tage (Deutschland), Maisku Myllymäki – Holly (Finnland), Matthieu Zaccagna – Asphalte (Frankreich), Alessandra Carati – E poi saremo salvi (Italien), Anna Auziņa – Mājoklis. Terēzes dienasgrāmata (Lettland), Simone Atangana Bekono – Confrontaties (Niederlande), Sandra Kolstad - To ord for ødeleggelse(Norwegen), Sabine Schönfellner – Draußen ist weit (Österreich), Salomé Kiner – Grande Couronne (Schweiz), Klemen Pisk – Mamutova oporoka (Slowenien), Lenka Elbe – Uranova (Tschechien) und Eugenia Kuznetsova – Спитайте Мієчку (Ukraine).
Das 20. Europäische Festival des Debütromans war Teil der literarischen Veranstaltungsreihe „Grand tour“, die vom Institut Français Deutschland anlässlich der französischen EU-Ratspräsidentschaft organisiert wurde.
2.9.2022 Nikola Schaum
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