Ellin A. Nickelsen

Nickelsen, Ellin A.

Nordfriesische Schriftstellerin

Geboren am 15. April 1956 in Oldsum/Föhr

 

 

Ihre Novelle Jonk Bradlep („Dunkle Hochzeit“) trägt Züge des Magischen Realismus, gilt „als Beginn der modernen nordfriesischen Literatur“#1 und wurde prompt mit einem Preis ausgezeichnet. Obwohl ihr Leben die Autorin weit um die Welt geführt hat, kommt sie in ihrer Literatur und ihrem Engagement immer wieder auf das Friesische zurück.

Ellin A. Nickelsen wurde am 15. April 1956 auf Föhr geboren. Nachdem sie in Hamburg Anglistik und Germanistik auf Lehramt studiert hatte und als Fremdsprachenassistentin in Großbritannien und Australien tätig war, absolvierte sie den Vorbereitungsdienst für das Lehramt an Gymnasien in Niebüll. Von 1987 bis 1991 war sie DAAD-Lektorin in Kerala (Indien), danach für zwei Jahre Lehrerin in Itzehoe. Anschließend wechselte sie nach Niedersachsen, wo sie ihre Schulkarriere fortsetzte und Schulleiterin sowie schließlich Dezernentin bei der Landesschulbehörde in Lüneburg wurde. Seit 2022 ist sie Vorsitzende des Vereins Nordfriesisches Institut e.V. in Bredstedt/Bräist, außerdem Lehrbeauftragte an der Europa-Universität Flensburg. Sie selbst sagt zu ihrem Engagement, sie stamme von der Insel Föhr und finde es daher „sinnvoll, kleine Sprachen zu erhalten“.#2

Zu Jonk Bradlep (1991; dramatisiert 2017) als Nickelsens wohl bekanntestem Werk schreibt Wendy Vanselow, im Text „verweisen Zeichen in der Jetztzeit auf Zeichen aus der Vergangenheit“, wobei die Bedeutung nicht vollständig geklärt werde: „Wer ist der mysteriöse Fremde […]; ein auf fantastische Weise zurückgekehrter Vorfahr der Protagonistin, eine psychische Projektion, Resultat ihrer verdrängten unbewussten Ahnungen? Wie wäre dann die angedeutete Liebesnacht zu verstehen? Und was genau geschieht am Ende? Ellin Nickelsen lässt die Leser absichtlich rätseln.“#3 Den Hintergrund stellt ein legendenhaftes Nordfriesland dar, das zwar durch archäologische Funde und mündliche überlieferte Erzählungen erkennbar ist, aber doch schemenhaft bleibt. „Die Figuren sind gleichzeitig verwickelt in ein Geflecht aus psychischen Abgründen, gestörten Beziehungen zu anderen Figuren und zur mystisch aufgeladenen Inselwelt, aus dem sie sich nicht eigenmächtig befreien können (oder wollen).“#4 Letztlich beschäftige Nickelsen „die Tradierung bzw. die Konstruktion einer nordfriesischen Mythologie und ihre Verknüpfung mit der erzählten zeitgenössischen Realität“.#5 – Weitere Werke von ihr sind die Gedichtsammlung Faan Stian an Weeder (1995, Von Stein und Wasser) und die Erzählung De green stian (2006, Der grüne Stein). „Nickelsen ist regelmäßige Teilnehmerin und stets hochplatziert beim nordfriesischen Kurzgeschichtenwettbewerb Ferteel iinjsen! (Erzähl einmal!), außerdem verfasst sie [unter dem Titel Ellins Weelt] Kolumnen und Kommentare in der Zeitschrift Nordfriesland des Nordfriisk Instituut.“#6 Sie ist Mitglied im „Segeberger Kreis – Gesellschaft für Kreatives Schreiben e.V.“ und führt Schreibkurse auf Friesisch durch.

20.09.2022 Kai U. Jürgens

ANMERKUNGEN

1 lap: Vorhang auf für „Jonk Bradlep“. In: SHZ v. 25. September 2017. Zit. n. https://www.shz.de/lokales/husum/artikel/vorhang-auf-fuer-jonk-bradlep-41649254.

2 jfw: Liebe zur Heimatsprache Friesisch. In: Cuxhavener Nachrichten / Niederelbe Zeitung v. 25. Juli 2011. Zit. n. https://www.cnv-medien.de/news/liebe-zur-heimatsprache-friesisch.html.

3 Wendy Vanselow: Die nordfriesische Erzählliteratur seit 1945: vier Schriftsteller/innen und ihre Werke. In: It Beaken, 80. Jahrgang, Heft 3/4 2018, S. 231–246, hier S. 242. Nickelsen veröffentlichte zu ihrem Text auch selbst einen Aufsatz: „Jonk Bradlep“: Schreiben auf Friesisch – auf Friesisch schreiben? Nordfriesisches Jahrbuch 1992, S. 185-193.

4 Vanselow (wie Anm. 3.), S. 243.

5 Ebd., S. 244.

6 Ebd., S. 242.