Elisabeth von Ulmann
Ulmann, Elisabeth von (auch: Elisabeth Meyer-Runge)
Die Einheit von Leben und Literatur
Geboren in Kiel am 21. April 1929
Gestorben in Kiel am 1. April 2005
Lesen und Schreiben gehörten für sie zusammen: Elisabeth von Ulmann war Poetin, die „dichterischen Einströmungen“ folgte, und Schriftstellerin, die ihre Gedanken „erzählend“ oder „in Essays und Vorträgen“ wiedergab. #1 Beides, Poetisches und Philosophisches, wirkt bei ihr „aufeinander ein und erhellt sich gegenseitig“.#2 Entsprechend vielfältig und abwechslungsreich ist ihr Werk, das teils in nieder- und teils in hochdeutscher Sprache gehalten ist.
Elisabeth von Ulmann wurde als Elisabeth Erichsen am 21. April 1929 in Kiel geboren und besuchte dort die Realschule. Von 1948 bis 1956 war sie als Handlungsbevollmächtigte beim Chemisch-pharmazeutischen Handelskontor in Kiel und von 1958 bis 1960 als Buchhändlerin tätig; außerdem engagierte sie sich ehrenamtlich in einem Kindergarten. In ihrem Lebenslauf notiert sie: „Mitarbeit bei den Niederdeutschen Bühne Kiel (Spiel und Regie). Autodidaktische Studien in Germanistik und Philosophie.“ #3 Nachdem sie 1978 den Freudenthal-Preis für unveröffentlichte plattdeutsche Gedichte erhalten hatte, publizierte sie Lyrik, Erzählungen und Essays. Ihre ersten beiden Bücher Einsichtig und Dem Traum vom Menschen nachgegangen erschienen 1979 unter ihrem damaligen Namen Elisabeth Meyer-Runge; nachfolgend wurden zahlreiche weitere Titel sowie Beiträge in Zeitschriften und Anthologien publiziert. Elisabeth von Ulmann war dreimal verheiratet: Zunächst mit dem Maler Jürgen Runge, dann mit dem Kapitän Erich Meyer, schließlich ab 1985 mit dem Komponisten, Dirigenten, Schriftsteller und Journalisten Hellmuth von Ulmann (1913–1987). Nach dessen Tod hat sie seinen Nachlass betreut. Am 1. April 2005 ist sie in Kiel gestorben.
Elisabeth von Ulmann erlebte die „Zeitgeschichte seit 1945 in steter Verwunderung, eher schmerzende Skepsis zu nennen“, wie sie 1999 über sich selber schrieb. #4 Und weiter: „Kunst als Richtungsweisungshilfe im unentwegten Bemühn, die Gegebenheiten des Menschlichen von ihrem Ursprung her und und in ihren Differenzierungen zu erfassen (vom Vater stets auf Belangvolle verwiesen), und das in einer Zeit der rasch sich wandelnden Rolle der Frau.“ #5 Marianne Beese: „Sucht Elisabeth von Ulmann als Dichterin, Erzählerin wie als Essayistin Anknüpfungspunkte zu geistigen Vorgängern, mit deren Weltgestaltungs- und [Welt]erklärungsansätzen sie übereinstimmt oder an denen sie ihr Weltverständnis neu ausrichten kann, so gehören hierzu – um nur eine kleine Auswahl zu geben – neben Novalis auch Friedrich Hölderlin; aus neuerer Zeit die Schriftsteller Herman Melville, Joseph Conrad oder Erhart Kästner, auch Albert Camus, Ingeborg Bachmann; als poetische Vorbilder u.a. der Dichter Rilke, auch der spanische Poet García Lorca; in der Gegenwart Günter Kunert.“ #6 Hier zeigt sich ein Ringen, das gleichermaßen der Wahrheit wie der Wirklichkeit gilt:
Groß und klein
Immerzu
dieses Vertauschen
HohnkicherndBlockhart kampfesbereit
lauert langarmig
DIE LÜGE
Gebläht vor Wollust
kleinzurangeln
was Größe hat.
Elisabeth von Ulmann ist für ihr Werk mehrfach ausgezeichnet worden, u.a. mit dem Hamburger Literaturpreis für Kurzprosa 1982, mit dem Georg Dehio Preis 2000 und der Goldmedaille „Concorso Internazionale di Poesia“, ebenfalls 2000.
Ihr Nachlass – wie auch der ihres dritten Ehemanns – wird von der 2007 gegründeten Elisabeth-von-Ulmann-Gesellschaft e.V. betreut.
17.8.22 Kai U. Jürgens
ANMERKUNGEN
1 Marianne Beese: Dahin – wo mehr Licht ist. Zum Werk Elisabeth von Ulmanns. In: Elisabeth von Ulmann. Freundesgabe zum 21. April 1999, hg. v. Hans-Joachim Sander, Göttingen 1999, S. 4–13, hier S. 4.
2 Ebd.
3 [Biografie] in: Elisabeth und Hellmuth von Ulmann: Unvermindertes Entzücken. Notizen einer späten Liebe. Hg. v. d. Elisabeth von Ulmann-Gesellschaft e.V., Kiel 2009, S. 6.
4 Elisabeth von Ulmann: Biografische und bibliografische Hinweise. In: Elisabeth von Ulmann. Freundesgabe zum 21. April 1999, hg. v. Hans-Joachim Sander, Göttingen 1999, S. 53–54, hier S. 53.
5 Ebd.
6 Beese: Dahin, wie Anm. 1, S. 6.
Veranstaltungen
Keine Veranstaltungen vorhanden
ORTE
Werke
- Einsichtig. Gedichte. Schwandorf 1979.
- Dem Traum vom Menschen nachgegangen. St. Michael: Bläschke 1979.
- In diesem Land: In't Land Schleswig-Holstein. Hoch- und niederdeutsche Gedichte. Heide: Boyens 1980.
- (mit Hellmuth von Ulmann:) Heimat haben wir zu werden. Ein Briefwechsel. Göttingen: Edition Herodot 1984.
- Das Jahr gehört allen. Geschichten und Gedichte. Memmingen: Dietrich 1984.
- (als Elisabeth Meyer-Runge:) Een Fru von föfftig. Irmgard B. ehr Tagebook. Heide: Boyens 1988.
- Nicht sich der Zukunft verweigern. Gedichte. München: Herp o.J.
- Es geschah einmal ... Zwölf Paraphrasen und eine zu Märchen der Brüder Grimm und versunkene Volksmärchen. Hamburg: Edition Dax 1992.
- Dimensionen-Wechsel. Gedichte und Kurzprosa. Hohenwestedt: Broschat 1993.
- Eins und eins ... oh ja Liebe. Plön: Verlag 71, 2002.
- Grosse Klage um einen namens Woyzeck. Nach Georg Büchner. Heide: Boyens 2004.
- (mit Hellmuth von Ulmann:) Unvermindertes Entzücken. Notizen einer späten Liebe. Norderstedt: Books on Demand 2009.