Kari Köster-Lösche

Köster-Lösche, Kari. Pseudonym: Silke Jensen.

Wissenschaft und historische Romane

Geboren in Lübeck am 23. Januar 1946

Sie gehört zu den erfolgreichsten Autorinnen Deutschlands, hat aber ihre Karriere auf einem völlig anderen Gebiet begonnen: Kari Köster-Lösche, deren historische Romane in mehr als ein halbes Dutzend Sprachen übersetzt wurden. Doch auch als Verfasserin von Sachbüchern hat sie sich einen Namen gemacht, etwa zur Kulturgeschichte der Nordfriesen und zur Medizinhistorie.

Die spätere Tierärztin, Wissenschaftlerin und Schriftstellerin wird als Kari Köster am 23. Januar 1946 in Lübeck geboren. Sie ist die Tochter „eines Geologen und einer Buchhändlerin und Lehrerin“ #1, verbringt ihre „erste Lebensjahre in Rostock“ #2 und gelangt 1948 nach Schweden, wo sie – die Mutter hat schwedische Wurzeln – bis zum 10. Lebensjahr in Uppsala und Lund aufwächst. Sie studiert von 1965 bis 1971 Veterinärmedizin an der Universität Gießen, wird 1972 in Bakteriologie promoviert und arbeitet anschließend in Frankfurt a.M. am Forschungsinstitut Battelle, wo sie „Leiterin der Abteilung für Experimentelle Medizin“ wird #3 und zahlreiche Beiträge „im Bereich Krebsforschung und Knochenersatzmaterialien“ #4 veröffentlicht. Diese Tätigkeit hat sie bis 1979 inne und zieht dann mit ihrem Mann, dem Ingenieur Karl-Heinz Lösche, nach Nordfriesland. Dort kann sie ihre Forschungen nicht weiterführen: „‚In meiner Not fing ich an zu schreiben‘, sagt sie. Und zwar ein Buch über den Typus des nordfriesischen Bauernhauses, in dem sie mit ihrem Mann bis heute lebt und das sie damals begannen, in seinen ursprünglichen Zustand zurückzubauen.“ #5Häuser der Uthlande erscheint 1986 und legt in gewisser Hinsicht den Grundstein für ihre spätere Tätigkeit als Autorin: „Solide Recherche ist dafür notwendig, bauliche Details müssen erkundet werden.“ #6 Und: „‚Als das Buch fertig war, habe ich mir gedacht: Es wäre doch ganz hübsch, wenn ich da jetzt Personal reinsetze.‘“ #7 Der aus dieser Idee entstandene Roman #8 trägt den Titel Die Pesthexe oder Wie eine Jungfrau Anno 1650 den Schwarzen Tod noch Tondern lockte (1987):

Grau und trübe begann der Tag der heiligen Cäcilie. Das Wetter war schon seit Wochen so, die Feuchtigkeit durchdrang alles, Kleidung, Möbel, Gerätschaften, sogar der Ofen in der Wohnstube war morgens naß vom Wasser, das sich auf ihm niederschlug. Der Wind nahm seit Tagen stetig zu. Nicht wie sonst in dieser Jahreszeit aus Südwest, dann härter werdend und langsam, auf Nordwest drehend, bis er sich erschöpfte und verging. Das hätten sie alle ohne Bedenken, ja, ohne es zu bemerken über sich ergehen lassen. Nein, es war diesmal anders.

Kari Köster-Lösche: Die Pesthexe oder Wie eine Jungfrau Anno 1650 den Schwarzen Tod noch Tondern lockte. Husum 1987, S. 5.

Neben dem eindringlichen Erzählstil und der packenden Handlung sind es vor allem die präzisen Grundlagen, die den Roman auszeichnen: „Erst recherchieren, sich fachlich auf besten Stand bringen, dann schreiben, ausschmücken. ‚Ich verabscheue Autoren, bei denen ich merke, dass die Autoren nicht wussten, worüber sie geschrieben haben. Ich schreibe nur über das, worüber ich mich auskenne.‘“ #9 Und: „Mein schriftstellerisches Ziel im historischen Roman ist, vergangene Zeiten für Leser erlebbar zu machen, Wissen zu vermitteln und Irrtümer geradezurücken, die sich unter dem Diktat des Zeitgeistes eingeschlichen haben, kurz, im Nachhinein ‚Gerechtigkeit‘ zu schaffen. Ich habe jedoch gelernt, den roten Faden zwischen den Zeilen zu verstecken.“ #10 Über vierzig weitere Bücher werden folgen, darunter die Raubritterinnentrilogie (2000/2001), die Sachsen-Saga (2003–2005) und die Krimis um Sönke Hansen (seit 2005) und Niklas Asmus (seit 2012). Viele Titel von Kari Köster-Lösche sind mehrfach erschienen, etwas als Buchclubausgaben, in Übersetzung und im Taschenbuch.

Doch die Pesthexe ist noch in einer anderen Hinsicht typisch für Köster-Lösche, da eine Seuche im Mittelpunkt steht: „Dabei geht es weniger um Hexen, sondern um die Ratten, wie sie die Pest übertrugen, also um Medizingeschichte.“ #11 Populäre Sachbücher werden ihr zweites Standbein, darunter Die großen Seuchen. Von der Pest bis AIDS (1995): „‚Immerhin im Insel Verlag erschienen, das hat nicht jeder‘, sagt sie.“ #12 Allerdings: Als sich Köster-Lösche Ende der 1990er Jahre „als eine der entschiedensten Kritiker am Umgang der Behörden mit der Rinderseuche BSE“ profiliert, gerät sie in Schwierigkeiten: „Ihr Rat, unbedingt auf Rindfleisch zu verzichten, bescherte ihr gerade im Agrarland Schleswig-Holstein viele Anfeindungen, bis hinein ins Private.“ #13

Kari Köster-Lösche hat mit ihrem Ehemann zwei Kinder. Privat hat sie sich mit der „archäologisch sehr interessante[n] Südküste der Hallig Langeneß“ befasst und Fundstücke von ehemaligen Warften katalogisiert und aquarelliert. Daraus ist „ein kleines Privatmuseum mit hochmittelalterlichen Funden entstanden“, #14 nämlich Dat roote Huus op Langeneß.

13.2.2022 Kai U. Jürgens

ANMERKUNGEN

1 AKF: Köster-Lösche, Kari. In: Deutsches Literatur-Lexikon. Das 20. Jahrhundert, hg. v. Lutz Hagestedt, Bd. 31, Berlin/Boston 2013, S. 486/487, hier: S. 486.

2 Kari Köster-Lösche: Bio-bibliographischer Hinweis. In: See-Sätze und andere. Norddeutsches Jahrbuch 2004 für Literatur, Geschichte, Malerei, hg. v. Rolf Hartmann, Niebüll 2004, S. 135–139, hier S. 135.

3 AKF: Köster-Lösche, Kari, wie Anm. 1.

4 Kari Köster-Lösche: Bio-bibliographischer Hinweis. Wie Anm. 2.

5 Frank Keil: „In der Not fing ich an zu schreiben.“ Die nordfriesische Autorin Kari Köster-Lösche schreibt historische Romane mit Bodenhaftung. In: taz, 22. Februar 2013. [https://taz.de/In-meiner-Not-fing-ich-an-zu-schreiben/!512765/]

6 Ebd.

7 Ebd.

8 Vgl. zur Publikationsgeschichte: Kari Köster-Lösche: Schreiben – ein sauberes Handwerk. In: See-Sätze und andere. Norddeutsches Jahrbuch 2004 für Literatur, Geschichte, Malerei, hg. v. Rolf Hartmann, Niebüll 2004, S. 81–88.

9 Frank Keil: „In der Not fing ich an zu schreiben.“ Wie Anm. 4.

10 Kari Köster-Lösche: Bio-bibliographischer Hinweis. Wie Anm. 2.

11 Frank Keil: „In der Not fing ich an zu schreiben.“ Wie Anm. 4.

12 Ebd.

13 Ebd.

14 Kari Köster-Lösche: Bio-bibliographischer Hinweis. Wie Anm. 2, S. 136.