Reimer Bull

Bull, Reimer

Plattdeutsch und Pädagogik

Geboren in Marne am 16. Dezember 1933
Gestorben in Langwedel am 5. September 2012

Er übersetzte 1987 sechs Erzählungen von Siegfried Lenz ins Plattdeutsche – und ließ im Folgejahr gleich einen Band mit eigenen Geschichten folgen: Reimer Bull war ein Mann mit vielen Talenten. Im Hauptberuf Professor an der CAU Kiel, ist er dem breiten Publikum in erster Linie „durch seine zahlreichen literarischen Veröffentlichungen in niederdeutscher Sprache“ bekannt geworden. #1

Der in Marne im Kreis Dithmarschen geborene Reimer Bull machte 1954 ebendort Abitur und studierte „in Hamburg, München und Kiel die Fächer Germanistik, Pädagogik und Psychologie, die er mit der Staatsprüfung für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen abschloß“. #2 Er arbeitete zunächst im Schuldienst, bevor er 1969 – und damit zu einem Zeitpunkt, als dies noch ungewöhnlich war – über Arno Schmidt promoviert wurde. Bull übernahm eine Dozententätigkeit an der Pädagogischen Hochschule Kiel und wandte sich „intensiv der Germanistischen Fachdidaktik zu, der er mit seiner Schrift zum Lerneffektiven Spiel im Unterricht (1971) und diversen Aufsatzpublikationen zur Grundschuldidaktik neue Impulse gab.“ #3 Von 1974 bis zu seiner Emeritierung war Bull an der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät der CAU als Professor für Deutsch und Niederdeutsch tätig. „Sein besonderes Engagement für die plattdeutsche Sprache und Literatur kam nicht zuletzt auch darin zum Ausdruck, dass er über zwei Jahrzehnte (1977–1998) den Vorsitz der Klaus-Groth-Gesellschaft innehatte.“ #4 Zudem war Bull „ein vielgefragter Rezitator niederdeutscher Texte und Geschichten, sei es im Rundfunk oder in eigenen Vortragsveranstaltungen“, die im Land die Säle füllten. #5 Zu seinem 70. Geburtstag schrieb Hubertus Menke, bei Bull lebe die Sprache „in ihrer erfrischenden Natürlichkeit“.

Nach Geschichten ut Bollerup (1987), dem von ihm ins Plattdeutsche übertragenen Band mit Erzählungen von Siegfried Lenz, veröffentlichte Bull im Folgejahr sein literarisches Debüt Över’n Weg lopen. Geschichten ut de Lüttstadt. Zahlreiche weitere Bücher und Tonträger sollten folgen. Am 5. September 2012 ist Bull in Langwedel gestorben; posthum erschien 2013 sein letzter Band Lange Nachten ünner de Sünn. „Mit Witz, Lebensklugheit und einem Spürsinn für die lichten und dunklen, vor allem aber auch denkwürdigen Momente verstand er es wie kein anderer, humorvoll zu schildern und gleichzeitig nachdenklich zu stimmen. Reimer Bull hat die plattdeutsche Literatur der letzten Jahrzehnte geprägt.“ #6 Und: „Mit seiner Literatur, die viel von der Landschaft und den Menschen Schleswig-Holsteins und vom Lokalkolorit seiner Heimatstadt Marne vermittelte, war Reimer Bull über lange Jahre auf erfolgreichen Lesereisen unterwegs.“ #7 Außerdem gehörte er zum Autorenteam und den Sprechern der NDR-Sendereihe Hör mal’n beten to.

Für sein Schaffen wurde Bull mehrfach ausgezeichnet. So erhielt er 1993 den Fritz-Reuter-Preis der Carl Toepfer Stiftung F.V.S, 1997 die Lornsen-Kette des Schleswig-Holsteinischen Heimatbundes, 2000 den Niederdeutschen Literaturpreis der Stadt Kappeln, 2003 den Kulturpreis des Kreises Dithmarschen und 2012 den Verdienstorden des Landes Schleswig-Holstein. 2002 wurde er Ehrenbürger von Marne. Die dortige Grund- und Regionalschule trägt seit 2013 seinen Namen.

6.5.2022 Kai U. Jürgens

ANMERKUNGEN

1 Michael Elmentaler: In memoriam Prof. Dr. Reimer Bull. In: Christiana Albertina, Bd. 76/2013 (Mai), S. 59.

2 Hubertus Menke: Prof. Dr. Reimer Bull vollendete am 16. Dezember 2003 sein 70. Lebensjahr. In: Christiana Albertina, Bd. 58/2004 (Mai), S. 71.

3 Elmentaler, In memoriam, wie Anm. 1.

4 Ebd.

5 Menke, Prof. Dr. Reimer Bull, wie Anm. 2.

6 Reimer Bull ist tot. In: Plattnet-Nachrichten, 6. September 2012. Zit. n. http://archiv.plattnet.de/data/2012-09-06--18-02-10.

7 Elmentaler, In memoriam, wie Anm. 1.