Léda Forgó

Forgó, Léda

Sinnlichkeit und Reflexion

Geboren am 27. Juli 1973 in Kazincbarcika/Ungarn

Sie wurde in Ungarn geboren, wohnte eine Zeitlang in Schleswig-Holstein und hat mehrere vielbeachtete Bücher vorgelegt: Léda Forgó, die von sich selber sagt: „Da das Deutsche nicht meine Muttersprache ist, fühle ich mich durch meinen Akzent oft etwas unbehaglich und dadurch ‚exotisch‘. Aber das gleicht sich aus.“ #1

Léda Forgó wurde am 27. Juli 1973 im ungarischen Kazincbarcika geboren. „Sie wuchs in Budapest auf und spielte in ihrer Kindheit mehrfach in Filmen und Theateraufführungen mit. Nach einer Assistenz beim ungarischen Rundfunk studierte sie Geschichte in Pécs in Südungarn. 1994 zog sie ohne vorherige Sprachkenntnisse nach Deutschland und setzte ihr Studium in Stuttgart fort. Im Anschluss daran studierte sie Figurentheater. Vier Jahre später zog sie nach Berlin, um dort an der Universität der Künste szenisches Schreiben zu studieren. Seit dieser Zeit hat sie zahlreiche Theaterstücke, Kurzgeschichten und eine Kinderbuchreihe geschrieben.“ #2 Von 2003 bis 2005 lebte sie in Brandenburg an der Havel, danach wieder in Berlin. Im Jahr 2012 zog sie nach Boren-Fahrtoft (Kreis Schleswig-Flensburg). Seit 2014 lebt sie in Hamburg.

2007 erschien Forgós Romandebüt Der Körper meines Bruders, das einen Bogen vom Ungarnaufstand 1956 bis zur Niederschlagung des Prager Frühlings 1968 spannt. „Perspektivisch und sprachlich aus Kinderaugen heraus entwirft die Autorin einen ganz eigenen, engen Kosmos, dessen Bilder den Leser unmittelbar in den Bann ziehen.“ #3 Der Deutschlandfunk lobt, mit dem Roman wäre ein „sehr eigenwilliger, persönlicher Ton in die Betrachtung der Anfänge der Kádár-Zeit in Ungarn gekommen. Die Autorin lebt zwar und schreibt aus Erinnerungen, aber sie ist emotional nicht so blockiert wie die ältere Generation, auch wenn ihr Roman eine sympathetische Annäherung ist. Mit großer sprachlicher Eindringlichkeit, mit einer aufregenden Mischung aus Sinnlichkeit und Reflektion beschreibt sie mit literarischer Hingabe das schwierige Leben in dramatischen Zeiten.“ #4 Der zweite Roman Vom Ausbleiben der Schönheit (2010) ist hingegen „ein radikaler Abgesang auf geläufige Vorstellungen vom sinnerfüllten Leben wie Liebe, Ehe, Mutterschaft, Familie. Die Heldin erlebt Enttäuschung auf Enttäuschung, so sehr sie ihre Ansprüche auch herunterschraubt.“ #5

Forgó schreibt keineswegs auf Ungarisch:

Deutsch ist für mich viel dynamischer, ich schreibe dann knapper, wenn ich auf Deutsch schreibe. Es ist so, dass ich versuche, nicht vom Ungarischen zu übersetzen, sondern meine Gefühle zu übersetzen, ich schreibe, ohne darüber großartig formal nachzudenken und wenn ich das zurücklese – wenn ich es auf Deutsch geschrieben hatte – das ist für mich immer wieder ein kleines Wunder, weil es für mich doch eine Fremdsprache ist. Wenn ich auf Ungarisch schreibe, kann ich gleichzeitig während des Schreibens mithören; auf Deutsch versuche ich, einfach meine Gedanken mitzuteilen und dann erstaunt es mich, dass es eine Form hat.

Für ihre Arbeit wurde Léda Forgó mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Albert-von-Chamisso-Förderpreis 2008, dem Alfred-Döblin-Stipendium 2010 und dem Arbeitsstipendium der Kulturstiftung des Landes Schleswig-Holstein 2012.

22.06.2022 Kai U. Jürgens

ANMERKUNGEN

1 Katrin Hillgruber: „Widerstand ist zwecklos.“ Die jüngsten Chamisso-Preisträger Saša Stanišic, Ledá Forgó und Michael Stavaric sprechen im FR-Interview über Integration, Assimilation – und wie das Problem im Weltraum gelöst wird. In: Frankfurter Rundschau, 21. Februar 2008, https://www.fr.de/kultur/literatur/widerstand-zwecklos-11561286.html.

2 Léda Forgó. In: Literatur ohne Grenzen. Interkulturelle Gegenwartsliteratur in Deutschland – Porträts und Positionen, hg. v. Immacolata Amodeo, Heidrun Hörner & Christiane Kiemle, Sulzbach/Ts. 2009, S. 53–54, hier S. 53.

3 Ebd.

4 Lerke von Saalfeldt, Mit den Augen eines Kindes. Sinnlichkeit und Körperlichkeit, das sind die zentralen Begriffe des auf Deutsch geschriebenen Romans „Der Körper meines Bruders“. In: Deutschlandfunk, 23. November 2007, https://www.deutschlandfunk.de/mit-den-augen-eines-kindes-100.html.

5 Jörg Plath: „Ohne Mann hatte es gar keinen Sinn.“ Der zweite Roman der 1973 geborenen Autorin ist ein radikaler Abgesang auf geläufige Vorstellungen von Liebe, Ehe, Mutterschaft, Familie. In: Deutschlandfunk Kultur, 23. November 2010, https://www.deutschlandfunkkultur.de/ohne-mann-hatte-es-gar-keinen-sinn-102.html.